Redeflussstörung (Stottern)

Aufmerksam verfolgen viele Eltern die Sprachentwicklung ihrer Kinder: Das erste Wort wird gefeiert, gespannt wird das Aneinanderreihen von immer mehr Wörtern beobachtet. Aber dann passiert es: Das Kind gerät beim Reden plötzlich ins Holpern, muss Worte mehrmals ansetzen - es stottert. Verzweifelten Müttern und Vätern raten Experten jedoch zur Besonnenheit.

"Viele Kinder durchleben in ihrer Sprachentwicklung eine Phase, in der die Sprechfertigkeit hinter dem herhinkt, was das Kind mitteilen will", sagt Wolfram Strauß, Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie in Leipzig. Dieses Entwicklungsstottern tritt bei etwa 80 Prozent aller Kinder in der Sprechlernphase zwischen zwei und fünf Jahren auf. Eltern sollten daher nicht gleich in Panik verfallen: "Gehen Eltern mit ihrem Kind zu früh zum Arzt, wird es dadurch unter Umständen erst störungsbewusst gemacht", so Strauß.

Als Faustregel gilt, dass die Sprechstörung nicht länger als ein halbes Jahr andauern sollte. Wer sich allerdings starke Sorgen macht, der sollte nicht unbedingt ein halbes Jahr abwarten, sondern schon vorher das beratende Gespräch suchen. Denn auch durch ihre Ängste können Eltern unbewusst Druck auf ihr Kind ausüben.

In der Regel führt der Weg zunächst zum Kinder- oder Hals-Nasen-Ohrenarzt. Dieser überweist an einen Facharzt für Phoniatrie, der Betroffene an Logopäden oder Sprachtherapeuten weiterleitet. Ob es sich letztlich um echtes Stottern handelt, können nur spezialisierte Ärzte, Fachberater und Therapeuten feststellen.

Stottern ist eine Störung des Redeflusses. Sie fällt dadurch auf, dass Betroffene Laute oder Silben wiederholen. Manchmal kommt es auch zu Dehnungen und Blockaden von Wörtern, dabei steigt die Muskelspannung stark an. Häufig treten die Symptome jedoch vermischt auf. Etwa ein Prozent der erwachsenen Bevölkerung leidet unter Redeflussstörungen. Das entspricht etwa 800 000 Menschen in Deutschland. Hinzu kommt ein psychischer Faktor, der erst dadurch entsteht, dass sich Betroffene ihres Andersseins bewusst werden. Sprechangst und die Angst vor Versagen sind die Folgen.

Negative Reaktionen aus dem Umfeld können einen Teufelskreis eröffnen: Je schlimmer der Druck von außen wird und je mehr sich der Betroffene bemüht, nicht zu stottern, umso schlimmer wird es.

Um das Stottern zu vermeiden, entwickeln Stotterer zahlreiche Tricks, um schwierige Worte zu umschiffen. Nicht selten scheint der beste Weg sogar der Rückzug in sich selbst zu sein. Gesten oder mimische Bewegungen können das Stottern begleiten. Alles in allem bedeutet die Krankheit Stress, der sich oft auch körperlich durch Schwitzen oder eine veränderte Atmung bemerkbar macht.

Entspannung spielt eine große Rolle in der Therapie. Entsprechende Übungen und autogenes Training sind daher genauso Bestandteile der Sprechtherapie wie etwa Atemübungen, um den oft falschen Atemrhythmus zu verbessern. Viele Betroffene haben zudem wenig Selbstbewusstsein. Die Therapie versucht, dieses aufzubauen und damit der Angst vor dem Sprechen entgegenzuwirken. Mit Sprech- und Klopfübungen versuchen die Therapeuten, dem Sprechproblem zu Leibe zu rücken.

Weiterhin werden Hilfestellungen für den Alltag gegeben. Den Eltern werden außerdem Tipps mit nach Hause gegeben. "Man sollte das Kind in Ruhe aussprechen lassen und ihm das Gefühl geben, dass es Zeit zum Reden hat", raten die Experten.