Verdienstorden für einen Museumsmacher mit Haltung

Verdienstorden für einen Museumsmacher mit Haltung

Geehrter gibt Landarbeitern und ihrem Leben ein Gesicht

Durchschnittlich 500 Besucher zählt das Museum im Landarbeiterhaus in Suurhusen, dass von Mai bis Oktober seine Pforten seit 1997 geöffnet hält. Dieser Umstand, das Museum selbst, ist in dem kleinen Dorf in der Krummhörn vornehmlich dem großen zivilgesellschaftlichen Engagement eines Menschen zu verdanken. Dieser Mensch und der Dank fanden am Dienstag, 18. April 2023, in einem kleinen Festakt im Hotel Novum in Hinte in Form der Verleihung des Niedersächsischen Verdienstordens am Bande zusammen. Ausgezeichnet wurde Erwin Wenzel bereits am 16.01.2023. Den Orden überbrachte, stellvertretend für den Ministerpräsidenten Stefan Weil, Landrat Olaf Meinen. Neben seiner Ehefrau und seiner Tochter waren rund 20 handverlesene Gäste, Pressevertreter sowie Bürgermeister Uwe Redenius erschienen.  

Erwin Wenzel gilt als engagierter Bürger, überzeugter Pazifist und war als langjähriger SPD-Kommunalpolitiker in Ortsverein, Gemeinde und schließlich auch im Kreistag vertreten. Dort wie auch zu seiner Zeit als Lehrer der Geschichte und Politik in der Berufsschule Emden setzte er sich für sein Lebensthema „Bildung für alle“ ein. Die Verdienstmedaille erhielt er vornehmlich jedoch für seine Tätigkeit als Gründer und langjähriger Vorsitzender des Museums „Geschichtswerkstatt Landarbeiterhaus Suurhusen“. Hierfür hatte ihn der Museumsverein vorgeschlagen und Entsprechendes für die Staatskanzlei formuliert.

Landrat Olaf Meinen lobte den Geehrten für sein Lebenswerk und seinen Einsatz für das Museumsprojekt, sein Dorf, die Gemeinschaft und die Region. Der Verdienstorden wird, so besagen es die offiziellen Vorgaben, für Dienste mit einem besonderen landespolitischen Gewicht verliehen. Dies sei bei Erwin Wenzel unbedingt der Fall stellte Olaf Meinen heraus. Er habe das letzte Landarbeiterhaus des Dorfes vor dem sicheren Abriss bewahrt, sich für den Erhalt eingesetzt und das Gebäude der Gemeinde für eine obligatorische D-Mark abgekauft. Er hab erkannt, was andere nicht vermochten zu sehen. Habe es geschafft, Menschen zu motivieren und zusammenzubringen, um das Landarbeiterhaus in zahllosen Arbeitsstunden abzubrechen und wieder zu restaurieren.

„Aus einem Haufen alter Steine erwuchs ein Baudenkmal, dass von einer Geschichte der bis dato wenig gehört und gesehenen unteren sozialen Schichten, der damaligen Landarbeiter und ihrer Familien, erzählt“, führte Landrat Olaf Meinen aus.

25 Jahre habe er dem Verein als Vorsitzender zu Seite gestanden, an wissenschaftlichen Publikationen mitgewirkt und immer neue Ausstellungen aus der Taufe gehoben.

„Das Museum ist mit verschiedenen Veranstaltungen zu einem Treffpunkt des Ortes geworden, allseits anerkannt und respektiert“, unterstrich Meinen die durchaus friedensstiftende Wirkung des Handelns. „Hier sind beispielhaft Projekt und Bevölkerung von Anfang an zusammengebracht und einbezogen worden. Die Menschen konnten sich annähern, informieren und schließlich mit dem Projekt identifizieren. Das ist Demokratie par excellence.“

Hierher rührte wohl auch die Bezeichnung „Museumsmacher mit Haltung“, mit der Dr. Thomas Overdick vom Museumsverband Niedersachsen und Bremen den frischgebackenen Verdienstordensträger charakterisierte.

Bürgermeister Uwe Redenius hob die Wesensstärke und den Einsatz für Gemeinschaft und Demokratie ebenfalls hervor: „Erwin Wenzel ist ein Mensch, der auch vor schwierigen Themen und Herausforderungen nicht zurückschreckt, der zu seinen Idealen steht und diese gegebenenfalls leidenschaftlich verteidigt.“ Allerdings habe der Geehrte immer auf Augenhöhe diskutiert und stets auch andere Meinungen gelten lassen.

Erwin Wenzel selbst winkte bescheiden ab: „Ich stehe hier als Teil einer Gemeinschaft, stellvertretend für alle Kulturschaffenden, für die unsere Demokratie oft ein schwieriges Pflaster sein kann“, führte der Geehrte aus und appellierte: „Es gibt Tendenzen, die unsere Demokratie in Gefahr bringen. Dann lautet unsere Aufgabe, die Demokratie zu verteidigen und zu unterstützen. Dazu gehört auch, Meinungen einmal stehenzulassen. Manchmal beginnt das schon nebenan, in der Nachbarschaft.“