Kritik an Neuordnung der Offshore-Gewerbesteuer

Kritik an Neuordnung der Offshore-Gewerbesteuer

Landrat und Bürgermeister kritisieren Neuordnung der Offshore-Gewerbesteuer


Region darf nicht zugunsten einer einzelnen Stadt geschwächt werden

Aurich/Norden. Mit deutlicher Kritik und großer Sorge reagieren Landrat Olaf Meinen und die Bürgermeister im Landkreis Aurich auf die vom Land Niedersachsen geplante Änderung bei der Erhebung der Gewerbesteuer aus Offshore-Windparks. Nach dem Verordnungsentwurf des Finanzministeriums soll künftig ausschließlich die Stadt Wilhelmshaven die Gewerbesteuer aus den gemeindefreien Offshore-Gebieten erheben dürfen – Kommunen wie die Stadt Norden, die seit Jahren in besonderem Maße vom Offshore-Windenergiegeschäft betroffen sind, würden leer ausgehen. Dafür gibt es im Landkreis Aurich wenig Verständnis.

„Diese Regelung ist weder sachgerecht noch nachvollziehbar“, betont Landrat Olaf Meinen. Unterstützung erhält er vom Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes im Landkreis Aurich, Erwin Adams, sowie vom Bürgermeister der Stadt Norden, Florian Eiben. Gemeinsam machen sie deutlich, dass der Landkreis Aurich und insbesondere die Stadt Norden mit erheblichen finanziellen und infrastrukturellen Lasten des Offshore-Ausbaus konfrontiert sind – und daher nicht von den entsprechenden Steuereinnahmen abgeschnitten werden dürfen.

Bislang fließt der Stadt Norden die Gewerbesteuer aus den Erträgen von Offshore-Windparks in der Nordsee in vollem Umfang zu, sofern die Betriebsgesellschaften ihren Sitz dort haben. Dies entspricht jährlichen Einnahmen von rund 40 bis 50 Millionen Euro. Über die Kreisumlage partizipiert der Landkreis daran mit jährlich mehr als 10 Millionen Euro. „Diese Mittel sind für unsere Kommunen zwingend erforderlich, um grundlegende Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge überhaupt noch erfüllen zu können“, unterstreicht Meinen.

Völlig unverständlich sei, dass die Stadt Wilhelmshaven als einzige hebeberechtigte Kommune vorgesehen ist, während unmittelbar betroffene Kommunen wie Norden „komplett außen vor bleiben“, kritisiert Meinen. Norden sei deutschlandweit der wichtigste Standort für Bau, Betrieb und Service der Offshore-Windparks in der Nordsee, stellt Bürgermeister Eiben fest. Die Stadt halte eine wesentliche Offshore-Infrastruktur vor, die von Windpark-Betreibern genutzt werde. „Wenn wir die Lasten tragen, müssen wir auch an den Erträgen beteiligt werden“, so Eiben. Sollte der Verordnungsentwurf wie geplant umgesetzt werden, würde dies in Bevölkerung und Politik zu einem Akzeptanzverlust für die Energiewende führen, hebt Landrat Meinen hervor.

Warum die Berechtigung zur Steuererhebung einer einzigen Kommune zugewiesen werde, sei aus dem Verordnungsentwurf nicht zu erkennen, stellt Städte- und Gemeindebundsprecher Adams fest. „Alternativen sind nicht ernsthaft beleuchtet worden“, ergänzt Meinen. Er und Adams warnen davor, dass die übrigen niedersächsischen Kommunen mittelbar von der Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes in Wilhelmshaven abhängig gemacht würden. Je niedriger der Hebesatz dort ausfalle, desto geringer sei das über den Kommunalen Finanzausgleich zu verteilende Volumen. Gleichzeitig verbleibe ein erheblicher Teil der Mehreinnahmen allein bei der Stadt Wilhelmshaven. „Von einem ‚größtmöglichen Umverteilungseffekt‘, wie das Land behauptet, kann unter diesen Bedingungen für die meisten Kommunen keine Rede sein“, sagt Meinen.

Der Landrat wird sich direkt an den Ministerpräsidenten wenden, um auf eine gerechtere Lösung hinzuwirken. Zudem appelliert er an den Niedersächsischen Landkreistag (NLT), die Interessen des unmittelbar betroffenen Landkreises Aurich gegenüber dem Finanzministerium mit Nachdruck zu vertreten. Auch die Stadt Norden und die Gemeinde Dornum haben ihren Standpunkt in einem Schreiben an Ministerpräsident Olaf Lies deutlich gemacht.

„Ziel muss es sein, ein Inkrafttreten der Änderungsverordnung zum 1. Januar 2026 zu verhindern und die gewonnene Zeit für einen fairen Dialog zu nutzen“, fordert Meinen. Es brauche eine Lösung, die die tatsächlichen Lasten und Leistungen der Kommunen im Offshore-Bereich berücksichtigt und nicht eine Region schwächt, die sich ohnehin bereits in einem schwierigen Konsolidierungsprozess befindet. „Es wäre weder gerecht noch politisch vermittelbar, wenn ausgerechnet jene Kommunen, die die Energiewende zum Erfolg gemacht haben, nun strukturell geschwächt würden“, bekräftigt Bürgermeister Eiben.