Im Schutzgebiet "Fehntjer Tief" bleibt vieles erlaubt

Im Schutzgebiet "Fehntjer Tief" bleibt vieles erlaubt

Im Schutzgebiet „Fehntjer Tief“ müssen die Landkreise Leer und Aurich aufgrund von EU-Vorschriften zusätzliche Flächen unter Schutz stellen. Ziel der geplanten Verordnung ist es, die Nutzung des Gebietes so anzupassen, dass sie sowohl die Belange des Naturschutzes wie auch andere Interessen berücksichtigt. In einer gemeinsamen Pressemitteilung betonen die beiden Landkreise: Trotz der geplanten Verordnung soll nicht alles neu geregelt werden, grundsätzlich bleibt – anders, als in den vergangenen Tagen in der Presse berichtet -, vieles erlaubt: das Wandern auf den vorhandenen Wegen, Bootjefahren, Reiten, Angeln und Jagen, wenn auch mit gewissen Einschränkungen z.B. während der Brut- und Setzzeit. Grundsätzlich freigestellt ist weiterhin auch die Gewässerunterhaltung.

Charakterisiert wird die Fehntjer Tief-Niederung durch vielfältige Lebensräume wie Feuchtwiesen, bewirtschaftete, bodenfeuchte Mähweiden, natürliche Fließ- und Stillgewässer, Röhrichte, Seggenriede, Hochstaudenfluren und Feuchtgebüsche. Das von 1987 bis 2000 durchgeführte  Bundesnaturschutzprojekt unterstreicht die Wertigkeit des Gebietes. Zum Schutz von Pflanzen und Tieren ist in dem Gebiet schon viel erreicht worden. „Stark gefährdete Pflanzen- und Tierarten konnten hierdurch stabilisiert werden. Auch die Wiesenvögel profitieren in den Kerngebieten von diesen Biotopverbesserungen.“ Um diesen Schutz auch in Zukunft gewährleisten zu können, seien die Landkreise auf die Mitwirkung der Flächeneigentümer angewiesen. „Die Landkreise sprechen die Bereitschaft aus, mit den Akteuren im Gebiet ins Gespräch zu kommen bzw. zu bleiben, um einen konstruktiven Ausweisungsprozess zu gewährleisten“, heißt es in der Pressemitteilung.

Die Planung sieht vor, per Verordnung ein Schutzgebiet in der Größe von 3011 Hektar auszuweisen. Um herauszufinden, in welchem Maße davon insbesondere die Landwirtschaft betroffen wäre, sind bereits im Juli 2018 die Flächeneigentümer angeschrieben worden. Darüber hinaus gab es Gespräche mit Landwirten. Eine abschließende Beurteilung steht noch aus, somit ist über mögliche Auflagen für die Landwirtschaft noch nicht endgültig entschieden. Das „Fehntjer Tief“ sei eine bedeutsame Kulturlandschaft. „Viele der zu schützenden Lebensräume und Arten sind nur durch eine Bewirtschaftung zu erhalten.“

Die Gebiete könnten nur per hoheitlicher Verordnung geschützt werden, der Vertragsnaturschutz allein würde nicht ausreichen. Gleichwohl seien freiwillige Vereinbarungen im Zuge von Agrarumweltmaßnahmen als Ergänzung möglich und würden auch angeboten. „Die Landkreise bieten hier auch weiterhin die Beratung zu Agrarumweltmaßnahmen an und wünschen sich eine stärkere Beteiligung der Landwirte an den angebotenen Programmen.“

Wenn die Ergebnisse der Betroffenheitsanalyse ausgewertet sind, folgen weitere Gespräche – dann werden die beiden Landkreise den Verordnungsentwurf fertigstellen. Dieser Entwurf wird dann für mindestens einen Monat öffentlich ausgelegt – in den Gemeinden, deren Gebiet davon betroffen ist. In dieser Zeit kann jedermann bei den Kommunen oder bei den Unteren Naturschutzbehörden der beiden Landkreise Anregungen und Bedenken vorbringen.

Was ist das Schutzgebiet Fehntjer Tief?                                         

Bei dem in Rede stehenden Gebiet handelt es sich um das EU-Vogelschutzgebiet „Fehntjer Tief“ V07 (2.311 ha). Das EU-Vogelschutzgebiet deckt sich in großen Bereichen mit dem EU-FFH-Gebiet 005 „Fehntjer Tief und Umgebung“. Im Westen der Natura 2000-Gebiete stellt das Fehntjer Tief einschließlich des Oldersumer Sieltiefs einen Ausläufer als reines FFH-Gebiet dar. Dies trifft auch für den Oberlauf des Bagbander Tiefs im Osten zu. Teilweise sind Bereiche des FFH-Gebietes 183 „Teichfledermaus-Gewässer im Raum Aurich“ in der Gebietskulisse zu finden.

Die Fehntjer Tief-Niederung setzt sich vor allem aus den Niederungen der Fließgewässer Krummes Tief, Flumm und Bagbander Tief zusammen, die sich zum Fehntjer Tief vereinigen und einen Teil des vom Ostfriesischen Geestrücken abfließenden Niederschlagswassers in Oldersum über das Oldersumer Sieltief in die Ems abführen. Das Fehntjer Tief-Gebiet ist ein repräsentativer Bereich für eine vermoorte Flussniederung mit Feuchtwiesen und Weiden auf organogenem, von Grundwasser beeinflusstem Boden im tiefliegenden Übergangsbereich zwischen Geest und Marsch. Charakterisiert wird die Fehntjer Tief-Niederung durch vielfältige Lebensräume wie Feuchtwiesen, mäßig intensiv bewirtschaftete, bodenfeuchte Mähweiden, natürliche Fließ- und Stillgewässer, Gräben/Kanäle, Röhrichte, Seggenriede, Hochstaudenfluren und Feuchtgebüsche.

Das von 1987 bis 2000 durchgeführten  Bundesnaturschutzprojekt und unterstreicht die Wertigkeit des Gebietes. Unter anderem wurden hier bereits Regelungen und Vereinbarungen getroffen und Flächenankäufe vorgenommen, damit der langfristige Bestand des Gebietes sichergestellt werden konnte.

Als schützenswerte Arten sind Sumpfohreule, Uferschnepfe, Bekassine und Schilfrohrsänger sowie weitere zum Teil vom Aussterben bedrohten, Vogelarten zu beobachten.

Wann erfolgte die Meldung der Gebiete und mit welchen Inhalten?

Die Vorschläge für FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete werden durch die Länder über den Bund an die EU gemeldet und nach Prüfung durch die EU-Kommission in die Listen der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen.

Niedersachsen hat aufgrund der in Anhang III der FFH-Richtlinie festgelegten Kriterien insgesamt 385 FFH-Gebiete in mehreren Tranchen (1998, 1999, 2004 und 2006) und 71 Vogelschutzgebiete ebenfalls in mehreren Tranchen (1983, 2001, 2007) an die EU-Kommission gemeldet (10,5 % der Landesfläche, ohne marine Bereiche). Das Vogelschutzgebiet ist bereits seit 1983 gemeldet. Die Listen werden mit dem jeweils gültigen Stand auf den Seiten des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) veröffentlicht und bei Bedarf fortgeschrieben.

Bestandteil der Meldung für das Natura 2000-Gebietsnetz sind die Gebietsgrenzen sowie die Standarddatenbögen. Die Standarddatenbögen dienen der Übersendung der Daten eines Natura 2000-Gebietes an die EU-Kommission.

Wo kann ich mich informieren?

Welche Arten und Pflanzen erhalten und sich entwickeln sollen richtet sich nach den EU-Vorgaben (Meldebögen). Das Land Niedersachsen hat diese Vorgaben durch Fachleute ausgearbeitet. Sie können aufgerufen werden unter:

https://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/downloads_zu_natura_2000/downloads-zu-natura-2000-46104.html#volstDat-FFH

https://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/eu_vogelschutzrichtlinie_und_eu_vogelschutzgebiete/eu_vogelschutzgebiete_in_niedersachsen/eu-vogelschutzgebiet-v07-fehntjer-tief-132552.html

Warum eine hoheitliche Sicherung?

Die europäischen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, ihre Natura 2000-Gebiete nach den Maßgaben der EU-Vogelschutzrichtlinie und der FFH-Richtlinie zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft zu erklären. Dies erfolgt durch einen hoheitlichen Flächenschutz als Naturschutz- (NSG) oder Landschaftsschutzgebiet (LSG). In der jeweiligen Schutzgebietsverordnung ist der Schutzzweck entsprechend den Erhaltungszielen des Natura 2000-Gebietes zu bestimmen.

Bis spätestens Ende 2013 hätten alle FFH-Gebiete abschließend hoheitlich, d.h. durch Schutzgebietsausweisung, gesichert werden müssen, die Ausweisung der Vogelschutzgebiete hatte unmittelbar nach Bekanntmachung seit 2002 zu erfolgen. Die nicht fristgerechte Unterschutzstellung ist auch dem Umstand geschuldet, dass in früheren Wahlperioden das Instrument des Vertragsnaturschutzes als vorrangiges Sicherungsmittel empfohlen wurde, was nach heutigem Stand nicht mehr der Rechtsprechung des EuGH entspricht u.a. aufgrund der fehlenden dauerhaften Bindungseigenschaft und Drittwirkung.

Zur Umsetzung der o.g. Verpflichtung werden nunmehr zum einen neue Schutzgebiete ausgewiesen, zum anderen werden die Verordnungen bereits bestehender, meist älterer Gebiete an die Natura 2000-Anforderungen angepasst und neu verordnet.

Im Falle des Fehntjer Tiefs wird das erforderliche Unterschutzstellungsverfahren von den Landkreisen Aurich und Leer gemeinsam durchgeführt.

Reichen freiwillige vertragliche Vereinbarungen?

Nein, der rechtliche Rahmen ist eindeutig, es bedarf einer hoheitlichen Sicherung als Schutzgebiete gemäß Bundesnaturschutzgesetz. Freiwillige Vereinbarungen im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen sind jedoch ergänzend möglich und werden auch bereits angeboten. Die Landkreise wünschen sich eine stärkere Beteiligung der Landwirte an den angebotenen Programmen.

Welcher Anteil des (künftigen) Gesamtschutzgebiets von 3100 Hektar ist bisher schon Naturschutzgebiet und ggf. seit wann?

Das geplante Naturschutzgebiet soll eine Größe von 3011 ha aufweisen. Die bereits vorhandenen Schutzgebiete haben eine Größenordnung von ca. 1324 ha. Die noch nicht ausgewiesenen Bereiche müssen noch gesichert und die bestehenden Gebiete konform angepasst werden, so fordert es die EU.

Die aktuell gültigen Verordnungen stammten aus den Jahren 1966, 1969, 1973, 1975, 1983, 1990, 1992, 1995, 1998, 2005. Die zum Teil mehr als 50 Jahre alten Schutzgebietsverordnungen belegen die Bedeutung des Gebietes.

Verordnungsentwurf „Fehntjer Tief“

Auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen am Fehntjer Tief haben die Landkreise Aurich und Leer mit Unterstützung des NLWKN einen Verordnungsentwurf formuliert, welcher zunächst die Grundlage bildet für eine landwirtschaftliche Betroffenheitsanalyse.

Diese ist nicht zwingend vorgeschrieben, die Landkreise haben sich jedoch für eine frühzeitige Durchführung entschieden, da durch die Struktur des Gebietes mit großen Grünlandbereichen Betroffenheiten zu erwarten sind. Diese sollen fachlich, transparent und frühzeitig aufgearbeitet werden.

Aus diesen Gründen wurden im Juli 2018 alle Eigentümer landwirtschaftlicher Nutzflächen innerhalb der Schutzgebietskulisse zur Ermittlung der Betroffenheit angeschrieben. Auf Grundlage der eingegangenen Daten wird eine Betroffenheitsanalyse der landwirtschaftlichen Betriebe, die Flächen im Schutzgebiet bewirtschaften, durch einen Sachverständigen erarbeitet werden.

Zur Ermittlung der o.g. Betroffenheit der landwirtschaftlichen Betriebe haben bereits darüber hinaus Gespräche mit der Landwirtschaft stattgefunden. Eine abschließende Beurteilung der Gesamtsituation liegt noch nicht vor und die landwirtschaftlichen Auflagen sind mithin noch nicht abschließend formuliert – ausdrücklich sei an dieser Stelle erwähnt, dass der bisherige Stand der VO grundsätzlich ein Arbeitspapier ist und noch nicht den abschließenden Verordnungstext darstellt.

Was muss getan werden?

Der Schutz dieser Pflanzen und Tierarten stellt differenzierte Anforderungen an die Nutzungen im Gebiet und an die Bewirtschaftung der Flächen. In den bisherigen Schutzgebieten aber auch außerhalb wurden bereits seit den 1980 er Jahren Maßnahmen umgesetzt. Es wurde ein Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) aufgestellt. In Abhängigkeit der Flächenverfügbarkeit, der Mitwirkung örtlicher Akteure und Flächenbewirtschafter konnten zahlreiche Maßnah­men umgesetzt werden. Dies erfolgte durch Flächenerwerb/ Bewirtschaftung, Wasser- und Gehölzmanagement, Mahdgutübertragung und Maßnahmen für Brutvögel. Eine angepasste Bewirtschaftung der Flächen ist wichtig für den Erhalt vieler Tier- und Pflanzenarten.

Gelungen ist die Entwicklung mehr oder weniger intensiv genutzter Grünlandflächen durch spätere Mahd und höhere Wasserstände. Stark gefährdete Pflanzen- und Tierarten konnten hierdurch sta­bilisiert werden. Auch die Wiesenvögel profitieren in den Kerngebieten von diesen Biotopver­besserungsmaß­nahmen (z. B. in der Utmeede).

Maßgabe der FFH-Richtlinie ist die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Schutzgebiet vorkommenden Lebensraumtypen und Arten. Die in der geplanten Verordnung enthaltenen Regelungen entsprechen dem Ziel diesen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten.

 

Naturschutz und Landwirtschaft – geht das zusammen?

Bestehen Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung?

Das Fehntjer Tief ist eine bedeutsame Kulturlandschaft. Viele der zu schützenden Lebensräume und Arten sind nur durch eine Bewirtschaftung zu erhalten.

Das Gebiet selber wurde in mehrere Teilgebiete aufgeteilt um den verschieden Ansprüchen, dieser heterogenen Landschaft Rechnung zu tragen. In diesen Teilgebieten sollen unterschiedliche landwirtschaftliche Auflagen in Bezug auf Mahdtermine, Düngung, Viehbesatz etc. gelten. In den bereits vorhandenen Naturschutzgebieten werden teilweise die landwirtschaftlichen Auflagen sogar gelockert.

Die gutachterliche Betrachtung der landwirtschaftlichen Betriebe im Rahmen einer Betroffenheitsanalyse ist noch nicht abgeschlossen. Ziel ist es die Auswirkungen einer ggf. veränderten Bewirtschaftung durch die geplante Schutzgebietsverordnung gegenüber der aktuellen landwirtschaftlichen Nutzung zu ermitteln.

Die beiden Landkreise Leer und Aurich werden sich mit den Ergebnissen der Betroffenheitsanalyse bei der weiteren Erarbeitung des Verordnungsentwurfs auseinandersetzen.

Ist alles neu und kann gar nichts mehr umgesetzt werden?

Mensch und Natur gehören aus Sicht der beiden Landkreise zusammen. Das Fehntjer Tief ist eine wichtige Erholungslandschaft. So war es auch in Vergangenheit und soll auch zukünftig so sein.

Im Hinblick auf bereits formulierte Verbote und Freistellungen sei angemerkt, dass das Betreten der Schutzgebietskulisse auf den vorhandenen Wegen grundsätzlich weiterhin möglich sein wird. Einschränkungen soll es nur während der Hauptbrutzeit auf einzelnen Wegen geben. Dies entspricht den bisherigen Reglungen in den NSG-Verordnungen. Reitsport kann auch zukünftig auf hierfür ausgewiesenen Wegen betrieben werden.

Das Befahren der Gewässer im bisherigen Umfang ist weiterhin möglich. Ein Anlegen oder Ankern soll zum Schutz der Pflanzen und Tiere aber nicht überall möglich sein, sondern Anleger genutzt werden. Auf die bestehenden Regelungen wird verwiesen.

Zur Gewährleistung eines sicheren Gewässerabflusses ist die Gewässerunterhaltung grundsätzlich freigestellt. Zulässig bleiben auch die Jagd und die Angelnutzung.

Wie geht es weiter?

Die Landkreise Aurich und Leer befinden sich mit unterschiedlichen Akteuren bereits jetzt im Austausch. Die Landkreise sprechen die Bereitschaft aus, mit den Akteuren im Gebiet ins Gespräch zu kommen bzw. zu bleiben um einen konstruktiven Ausweisungsprozess zu gewährleisten. Nach Würdigung der Ergebnisse der Betroffenheitsanalyse und ggf. noch zu führender weiterer Gespräche soll der Verordnungsentwurf fertig gestellt werden.

Darüber hinaus wird der Verordnungsentwurf dann nebst Begründung mindestens einen Monat lang bei den Gemeinden, deren Gebiet betroffen ist, öffentlich ausgelegt, damit jedermann während der Auslegungszeit bei der Gemeinde oder bei den Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise Aurich und Leer Bedenken und Anregungen vorbringen kann.