Gleichberechtigung ist auch nach 100 Jahren keine Realität

Gleichberechtigung ist auch nach 100 Jahren keine Realität

Viele Gäste bei Vorstellung von Publikation zum Frauenwahlrecht

„Für Frauenrechte, für eine auf Gleichheit beruhende Gesellschaft einzutreten, ist unvermindert aktuell“: Das hat Landrat Harm-Uwe Weber am Mittwochabend im Auricher Kino betont. Dort wurde die vom Landkreis Aurich herausgegebene Broschüre „100 Jahre – Frauen haben die Wahl“ im Rahmen einer unterhaltsamen Veranstaltung mit Musik und Filmvorführung vorgestellt. Für die Publikation haben Frauen der verschiedensten Generationen und aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen Beiträge zum Thema 100 Jahre Frauenwahlrecht verfasst. Entstanden sei ein „vielfältiger Blick auf ein ebenso vielfältiges Thema: historisch, politisch, aber auch ganz privat“, sagte Weber, der sich bei allen bedankte, die an der rund 70 Seiten starken Broschüre mitgewirkt hatten.

Die Initiative war von der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Aurich, Frauke Jelden, und ihrer Stellvertreterin Darinka Herrmann ausgegangen. Umgesetzt wurde das Projekt gemeinsam mit Lisa Ulferts und Rainer Müller-Gummels von der Kreis-Pressestelle. Fast alle der um Texte gebetenen Frauen hätten ihre Mitarbeit zugesagt, freute sich Frauke Jelden: „Nur durch Ihre Beiträge konnte eine so abwechslungsreiche Mischung entstehen“, machte die Gleichstellungsbeauftragte vor mehr als 200 Gästen deutlich, unter ihnen auch mehrere Autorinnen. „Ich freue mich, dass so viele der Einladung gefolgt sind“, sagte Jelden. Ein ganz besonderer Dank ging an Brigitte Junge. Die Leiterin des Historischen Museums in Aurich hatte die Geschichte der Gleichberechtigung in einem umfang- und detailreichen Artikel gut lesbar aufbereitet.

Am 19. Januar 1919, dem Tag der Wahl zur verfassunggebenden Nationalversammlung, konnten Frauen erstmals wählen und gewählt werden. „Aber das Wahlrecht bedeutete für die Frauen beileibe noch keine Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen“, erklärte Frauke Jelden. Seitdem habe sich zwar viel getan, aber die Lebenswirklichkeit von Frauen sehe immer noch anders aus als die von Männern, hoben die Gleichstellungsbeauftragte und Landrat Weber hervor. „In der Realität sind Frauen noch heute benachteiligt.“

Das gelte nicht nur für den beruflichen Bereich, wo Frauen meist schlechter bezahlt würden als ihre männlichen Kollegen und nur selten führende Positionen innehätten.  Auch in den Parlamenten seien Frauen weiterhin nicht angemessen vertreten - auf Bundes- und Landesebene ebenso wenig wie im Kreistag und den Gemeinderäten, wo der Frauenanteil nur rund 21 Prozent beträgt. „Das ist viel zu wenig“, betonte Weber, der auf verschiedene Initiativen verwies, mit denen versucht werde, den weiblichen Anteil in den Parlamenten zu erhöhen. „Fest steht, dass wir neue Konzepte brauchen, wenn es in Sachen Gleichberechtigung weitergehen soll“, ließ Weber keinen Zweifel. Angesichts der allgemeinen Zunahme rückwärtsgewandter Tendenzen gehe es sogar darum, Erreichtes zu verteidigen. Daher freue er sich, dass auch mit der neuen Publikation auf die Bedeutung des Themas hingewiesen werde.

Für die Umrahmung des unterhaltsam-informativen Abends waren die „Malle Diven“ der Ländlichen Akademie Krummhörn-Hinte zuständig, deren zum Thema der Veranstaltung passende Gesangsstücke von den zahlreichen Gästen mit viel Applaus bedacht wurden. Im Anschluss wurde der Film „Die göttliche Ordnung“ gezeigt.

Die Broschüre „100 Jahre: Frauen haben die Wahl“ ist kostenfrei bei der Kreisverwaltung erhältlich. Wer Interesse an der Publikation hat, kann sich melden unter den Durchwahlen 04941 16-1660, 16-1661 und 16-1002 oder per E-Mail unter fjelden@landkreis-aurich.de, dherrmann@landkreis-aurich.de oder rmueller-gummels@landkreis-aurich.de oder die Broschüre hier herunterladen.