Ex-Teilnehmer: „Hier wurde ich nie fallen gelassen“

Ex-Teilnehmer: „Hier wurde ich nie fallen gelassen“

#Peer25 feiert Jubiläum – 10 Jahre Hilfe auf Augenhöhe

Constantin Rolfs Leben verlief nicht, wie es für einen jungen Menschen verlaufen sollte. Von seinem achten bis elften Lebensjahr war er in Tagesgruppen untergebracht, kam mit 13 Jahren in die Psychiatrie, lebte von seinem 14. Lebensjahr an nicht mehr zuhause, sondern in Wohngruppen, erlebte einen vierwöchigen Aufenthalt im Jugendarrest und war von seinem 18. Lebensjahr an immer wieder von Obdachlosigkeit betroffen. Er hatte Probleme mit Depression und Drogenabhängigkeit. Bis er auf das Projekt #Peer25 aufmerksam wurde, das in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiert.

#Peer25 ist ein gemeinsames Projekt des Jobcenters und der Kreisvolkshochschule Aurich, das sich an junge Menschen zwischen 20 und 24 Jahren richtet, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz oder einer Arbeit sind. Ziel ist es, durch eine individuelle Ansprache von Peer-Workern, also Menschen, die bereits gleiche oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und Förderung durch Kleingruppen und Einzelberatung neue Perspektiven zu schaffen.

Seit 2014 unterstützt #Peer25 junge Menschen auf ihrem Weg in die berufliche und persönliche Zukunft. Auf Augenhöhe. Rolf gehörte zu den ersten, die das Angebot wahrnahmen.

„Ehrlicherweise dachte ich mir nur: geil, da gibt es Essen umsonst“, erinnert sich Rolf.

Dass die kostenlose Mahlzeit sein Leben verändern sollte, wusste der damals 20-Jährige zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

#Peer25 ermöglicht durch eine individuelle Ansprache und Begleitung der Teilnehmenden durch die eigene Peergroup, eine nachhaltige Unterstützung von Jugendlichen mit komplexen Problemlagen.

„Ich wusste nicht wohin mit mir, wer ich bin, was ich werden möchte, hatte keinen Abschluss. Aber die Menschen hier haben sich meiner angenommen“, so Rolf.

#Peer25 steht für niedrigschwellige Zugänge, die den Einstieg in die Angebote erleichtern. Die Schaffung von Sicherheit, Vertrautheit und Eigenverantwortung ist dabei von zentraler Bedeutung. Es wird zusammen gekocht und anschließend zusammen gegessen.

„Man gab uns Verantwortung, die wir vorher nicht kannten. Ich bekam eine Tagesstruktur, die ich nie hatte. Ich habe bis nachmittags im Bett gelegen. Es kamen Briefe, die ich wochenlang nicht geöffnet habe. Ich hatte Angst vor meinem Postkasten und wusste nicht warum“, sagt Rolf. 

Bei Peer25 bekam er sozialpädagogische Unterstützung, ihm wurde bei der Wohnungssuche geholfen und der Führerschein finanziert.

„Ich selber hätte nie die finanzielle Möglichkeit dafür gehabt, auch meine Eltern nicht. Durch den Führerschein ergaben sich dann plötzlich ganz andere Möglichkeiten“, so der 30-Jährige.

2015 begann er seine Ausbildung. Auch bei der Bewerbung und der Vorbereitung für das Vorstellungsgespräch fand er Unterstützung. Es war nicht so, dass von da an alles glatt für ihn lief.

„Ich hatte meine Probleme und die kamen immer und immer wieder zurück. Aber auch wenn etwas schiefging, hier wurde ich nie fallengelassen. Die Menschen hier haben Potential in mir gesehen und an mich geglaubt, das war unheimlich wichtig für mich“, sagt Rolf. 

Mittlerweile ist der pädagogische Heilerziehungspfleger selbst Mitarbeiter der KVHS und arbeitet als Betreuer einer Wohngruppe in Norden. Mehr als 1000 junge Menschen wurden bisher durch das Projekt begleitet, beraten und gefördert – mit dem Ergebnis, dass viele von ihnen den Einstieg in Schule, Ausbildung oder Arbeit gefunden haben. Das Projekt nutzt ein breites Netzwerk, das neben einer Jugendwerkstatt auch zahlreiche weitere Angebote der KVHS umfasst. Hierdurch entstehen vielfältige Module wie Motivationscoaching, sozialpsychologische Beratung, Zukunftswerkstätten, kreative Projekte und gemeinsame Kochkurse, die es den Teilnehmenden ermöglichen, eine Perspektive zu entwickeln und ihre individuellen Talente zu entfalten.

Ingrid Meyer, die das Projekt für die KVHS 2014 mitinitiierte, fasst das Konzept folgendermaßen zusammen:

„Erfolge erlebbar machen und dadurch die Stärken stärken. Denn nur so kann man auch die Schwächen schwächen.“

Man sei damals in einer Situation gewesen, in der viele Jugendliche mit klassischen Maßnahmenstrukturen nicht mehr erreicht werden konnten, ergänzt Michael Siefkes, der seitens des Jobcenter das Projekt von Beginn an leitete.

„10 Jahre #Peer25, das zeigt: das Projekt funktioniert und ist heute vielleicht wichtiger denn je“, sagt Friedhelm Endelmann, Gesamtbetriebsleiter der Kreisvolkshochschulen Aurich-Norden.

Für Constantin Rolf hat es funktioniert.

„Es gibt genug andere Menschen, die dieselben Probleme haben wie ich, mit Einsamkeit, mit dem Alleinsein. Viele junge Menschen erfahren keine Unterstützung von Zuhause. Das #Peer25-Projekt kann ihnen helfen. Aber natürlich müssen sie es wollen“, sagt Rolf.