Eine neue Vertrauensebene in der Krisen-Bewältigung
Menschen begegnen sich bei gleicher Erfahrung eher auf Augenebene. Das ist der Denkansatz für eine Ausbildungsreihe durch den Sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreis Aurich. Nachdem 2017 erstmalig Genesungsbegleiter*innen im Landkreis ausgebildet wurden, ist nun ein „Ex-In“–Folgeprojekt ab August 2020 geplant. Menschen, die in ihrem Leben bereits mit psychischen Problemen kämpfen mussten, soll hier eine berufliche Perspektive gegeben werden. Dabei steht der Begriff „Ex-In“ für Experienced-Involvement, was sinngemäß die“ Einbeziehung von Expert*innen aus Erfahrung“ beschreibt.
In Kooperation mit dem Verein Ex-In Deutschland e.V. wird zum zweiten Mal eine modulare Ausbildungsreihe mit der Dauer eines Jahres umgesetzt. Diese richtet sich an Menschen, die sich in der Vergangenheit mit psychischen Erkrankungen konfrontiert sahen, mittlerweile aber als „psychisch stabil“ gelten. Mit den daraus hervorgehenden Genesungsberater*innen soll eine Ergänzung zur konventionellen psychiatrischen Versorgung geschaffen werden, denn sie finden oft einen persönlicheren Zugang zu Menschen mit aktuellen psychischen Problemen. „Ich habe in meiner Arbeit bei der Kontaktstelle Norden gemerkt, dass es anders ist, wenn sich Menschen auf Augenhöhe begegnen“, sagte Werner Holtmann vom Sozialpsychiatrischen Dienst in Norden bei dem Projektstart. „Viele Erkrankte haben oft Hemmungen, mit einem Psychologen oder Psychiater über ihre Probleme zu sprechen“. Die Ausbildung hilft den Teilnehmenden, die eigenen Schwächen zu einer Stärke umzukehren und so auch Betroffenen helfen zu können. Von über 40 Bewerber*innen in der ersten Runde 2017, wurden 18 Teilnehmende ausgewählt von denen 16 den Kurs erfolgreich abschließen konnten. Ungefähr ein Drittel der ausgebildeten Genesungsbegleiter*innen arbeitet heute in Einrichtungen, wie dem ambulanten Pflegedienst oder auch im Krankenhaus. Andere Absolvent*innen haben sich durch die Fortbildungsmaßnahme soweit stabilisieren können, dass sie in ihren alten Beruf zurückkehren konnten. „Die Maßnahme genießt eine stetig wachsende Anerkennung in Fachkreisen“, resümierte Holtmann nach dem ersten Durchgang. Die Einstellung der Berater*innen gelte heute bereits als Qualitätsmerkmal für viele Einrichtungen. Grundsätzlich steige der Bedarf an diesen neuen Fachkräften immer weiter an.
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